Kirchen und DGB machen sich für soziale Gerechtigkeit im Alter stark
Von der Rente in Würde leben können – dafür machen sich Hessens Kirchen und Gewerkschaften stark. Wie kann eine ausreichende Altersvorsorge nachhaltig und gerecht finanziert werden? Wie lässt sich Altersarmut vermeiden? Die evangelischen und katholischen Bischöfe und Kirchenleitungen in Hessen sowie der DGB Hessen-Thüringen sehen bei diesen Fragen politischen Handlungsbedarf. Das wurde beim Sozialpodium am 19.1.2021 im Fuldaer Bonifatiushaus deutlich. „Pfandflaschen sind kein Rentenkonzept“ war die Online-Veranstaltung überschrieben. Unter www.soziale-gerechtigkeit-hessen.de ist der Mitschnitt weiterhin abrufbar.
Hofmann: Gesetzliche Rente muss für alle das Existenzminimum überschreiten
„Rentner*innen sind keine
Bittsteller, sie sind Teil unserer Gesellschaft und haben ihren Beitrag zur
Sorgeleistung erbracht“, sagte die Bischöfin von Kurhessen-Waldeck, Dr. Beate
Hofmann. Eine würdige Altersversorgung dürfe sich nicht nur an eingezahlten
Beiträgen orientieren, sie müsse auch die Lebensleistung wie Erziehungs- und
Pflegezeiten sowie Zeiten für das Gemeinwohl berücksichtigen. Armutsbekämpfung
sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, so Hofmann. Dem Trend der immer
größer werdenden Altersarmut müsse man daher gemeinsam entgegentreten. Eine so
reiche Gesellschaft wie unsere könne es sich nicht leisten, immer mehr Menschen
in Armut und sozialer Ausgrenzung leben zu lassen, unterstrich die Bischöfin:
„Daher braucht es eine gesetzliche Rente, die bedingungslos für alle das
Existenzminimum übersteigt.“ Die Altersversorgung dürfe sich nicht weiter
verschlechtern.
Gerber: Durch Bildung lässt sich künftige Altersarmut bekämpfen
Der Fuldaer Bischof Dr. Michael
Gerber verwies auf Initiativen wie beispielsweise „youngcaritas“. Die Plattform
sensibilisiere junge Menschen durch attraktive Projekte für die
Herausforderungen von Menschen in prekären Lebenslagen. „Solche Maßnahmen
fördern den Zusammenhalt der Gesellschaft und stärken die Akzeptanz, wo
entsprechende Regelungen notwendig sind, um mehr ausgleichende Gerechtigkeit
für ältere Menschen mit kleinen Renten zu erlangen.“ Auch mit Investitionen im
Bildungsbereich lasse sich Altersarmut bekämpfen. „Die Schere droht weiter
auseinander zu gehen. Das zeigt gerade Corona in der Unterschiedlichkeit, wie
Schülerinnen und Schüler damit zurechtkommen. Es besteht die Gefahr, dass sich
das in der Berufsbiografie und damit später im Rentenalter fortsetzt“, fürchtet
Gerber. „Hier gilt es, jetzt und nachhaltig die Weichen zu stellen.“
Truger: Gesellschaftspolitik ist Ermöglichungspolitik
Prof. Dr. Achim Truger, Mitglied des
Sachverständigenrat Wirtschaft denkt Wirtschafts- und Sozialpolitik aber auch
Steuer- und Finanzpolitik zusammen. "Gesellschaftspolitik heißt für mich
Ermöglichungspolitik und somit spürbarer Schutz und Verbesserungen im
alltäglichen Leben der großen Mehrheit der Menschen. Es geht um die dauerhafte
Sicherung staatlicher Handlungsfähigkeit, die Stärkung der sozialen
Gerechtigkeit und die Förderung wirtschaftlicher Leistungspotenziale durch
massive Zukunftsinvestitionen."
Rudolph: Ein starker Sozialstaat braucht eine gerechtere Steuerlastverteilung
Der Vorsitzende des DGB Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, ergänzte: „Aus schlechter Arbeit erwächst keine gute Rente!“ Wer Jahre lang erwerbstätig war, bekomme nicht automatisch eine Rente, die den Lebensstandard sichert. Niedrige Einkommen führen zu niedrigen Renten. Wichtig sei daher, prekäre Beschäftigung einzudämmen und den Mindestlohn zu erhöhen. Neben der Erwerbsarbeit gebe es aber noch weitere Armut verursachende bzw. verschärfende Faktoren, etwa Wohnraum, Infrastruktur und Nahversorgung. Hierzu haben Kirchen, Gewerkschaften und Sozialverbände im Rahmen des Bündnisses „Soziale Gerechtigkeit in Hessen“ zahlreiche Vorschläge formuliert. Im Mittelpunkt der Diskussion stand daher die Frage nach einer gerechten Finanzierung der für die Verhinderung von Altersarmut erforderlichen Maßnahmen. „Es braucht einen starken handlungsfähigen Sozialstaat, in dem starke Schultern mehr tragen als schwache. Dies wird ohne eine gerechtere Steuerlastverteilung, die zum Beispiel Privatvermögen und Erbschaften mit einbezieht, nicht möglich sein“, so Rudolph weiter.
Die Online-Veranstaltung wurde
organisiert vom Arbeitskreis „Kirche & Gewerkschaft Hessen“, deren
Mitglieder aktuell im „Bündnis soziale Gerechtigkeit in Hessen“ eine
Aufklärungskampagne zu Altersarmut vollziehen.
Zum Hintergrund:
In Hessen sind laut Sozialbericht
des Landes 17 Prozent der Rentnerinnen und Rentner von Armut bedroht. Zudem ist
die Armutsgefährdungsquote von Rentnerinnen und Rentnern in diesem Bundesland
in den letzten Jahren stark gestiegen - von 14,9 Prozent im Jahr 2018 auf 17,0
Prozent im Jahr 2019. Deutlich wird, dass zunehmend hier mehr Menschen von
Altersarmut betroffen sind.
Fulda, den 21.1.2021
Katholische Akademie des Bistums Fulda
Neuenberger Str. 3-5
36041 Fulda
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© Katholische Akademie des Bistums Fulda
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