Katholische politische Bildung? - Ein Aufruf zur Diskussion

Bildung und Religion stehen heutzutage in einem spannungsreichen Verhältnis zueinander. Als Akteur der politischen Bildung in katholischer Trägerschaft gehen wir in unserer Arbeit davon aus, dass werteorientierte Bildung für eine demokratische Gesellschaft unerlässlich ist. Dass (politische) Bildung auch ein Kernbereich der katholischen Kirche ist, scheint allerdings in der öffentlichen Wahrnehmung aus dem Blickfeld zu geraten.

Demokratie und Menschenrechte, Flucht und Migration, Inklusion und Diversität, Sozial-ökologische Transformation, Sozialstaat und Arbeitswelt, Identitätsdiskurse und historisch-politische Bildung – das alles ist Gegenstand politischer Bildung und unserer Arbeit. Ziel ist es, Selbstwirksamkeit spürbar werden zu lassen, Kompetenzen, Sprachfähigkeit, kritische Urteilskraft, gesellschaftliche, kulturelle und politische Beteiligungsmöglichkeiten zu erweitern. Tag für Tag vermitteln wir auf Grundlage christlicher Werte Themen der Zeit und zeigen zugleich, dass politische Bildung ein Kernbereich der katholischen Kirche ist und bleiben muss.

Als katholische Akademie in der vielfältigen Landschaft der politischen Bildung arbeiten wir aus der Überzeugung heraus, dass der Mensch in seiner Unverfügbarkeit in allen Bildungsprozessen in den Mittelpunkt gestellt werden muss. Aber so sehr dies unserem christlichen Menschenbild entspricht – es unterscheidet uns nicht von anderen modernen Bildungsansätzen. Wir verstehen uns als Anwält*innen demokratischer Werte. Aber auch dies unterscheidet uns nicht. Mehr noch: Gerade die katholische Kirche hat sich mit der Demokratie immer wieder alles andere als leicht getan.

Mit unseren Angeboten tragen wir zur lebensbegleitenden Entwicklung des Menschen in umfassender Weise bei. Dass etwas über diesen Menschen hinausweist und dass dies seine Freiheit (und das muss immer heißen: die aller Menschen) vergrößern kann, ist für uns elementarer Bestandteil der christlichen Botschaft und die Grundlage unseres Vertrauens, dass katholisch geprägte Orte und offene Bildungsprozesse zusammengehen. Gleichzeitig ist die Diskussion schon bei der Frage nach dem, was denn da über uns hinausweist, in der konkreten politischen Bildungsarbeit durchaus nicht konsensual.

Diesen Ansatz haben wir auch mit unserer neuen Publikation „Katholische politische Bildung? Ein Aufruf zur Diskussion“ – herausgegeben von unserem Akademiedirektor und AKSB-Vorsitzenden Gunter Geiger – verfolgt und zur (Selbst-)Reflektion und Debatte eingeladen. Für eine solche Offenheit braucht es eine klare Auseinandersetzung mit dem eigenen Standpunkt, und zwar sowohl aus der Innensicht als auch aus der Außenperspektive.

Die vorliegende Publikation ist als Aufruf zur Diskussion zu verstehen und möchte einen gesellschaftlichen Austausch wagen. Dazu haben wir Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus unterschiedlichen Bereichen zu ihrer Perspektive auf katholische politische Bildung und deren Relevanz befragt und ganz unterschiedliche Standpunkte und Meinungen erhalten. Gemeinsam mit unseren Autorinnen und Autoren haben wir im Buchtitel ein Fragezeichen hinter die „Katholische politische Bildung“ gesetzt. Unser Wunsch ist es, gemeinsam im Austausch mit Ihnen und in unserer Arbeitsgemeinschaft zu sehen, ob daraus nicht doch noch ein Ausrufzeichen werden kann.

Wir hoffen, mit dieser Publikation Ihr Interesse zu wecken und freuen uns auf den Austausch mit Ihnen!