„Der Schwarze Dienstag: Warum ein Krieg mit Russland droht und wie die Bundesregierung ihn verhindern kann"

„Schwarzer Dienstag – unter diesem Schlagwort beschreibt Dr. Christoph von Marschall ein Szenario eines russischen Angriffs im Jahr 2028 in Litauen. Bei einem Akademieabend an der Katholischen Akademie des Bistums Fulda erläuterte der Journalist und Buchautor die Umstände und Konsequenzen, die sich aus diesem Szenario ergeben.

„Er ist ein ausgewiesener Kenner Osteuropas und der USA“, stellte Akademiedirektor Gunter Geiger den Referenten vor. Aus der Feder des Diplomatischen Korrespondenten der Chefredaktion des Berliner Tagesspiegel stammt auch eine Biografie über Michelle Obama. Mehrere Jahre berichtete von Marschall aus den USA. Neben dem Akademieabend war er auch zu Gast in zwei Schulen in Fulda. Die Termine fanden in Kooperation mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung statt. Oder wie es deren Referatsleiterin Jana Nathalie Burg ausdrückte: „Der Werbeagentur für Demokratie.“


„Putin hält sich seit Jahren an keine Vereinbarungen. Deshalb sind Verhandlungen mit Russland im Moment sinnlos“, betont von Marschall. Das erklärte Ziel des Kremlchefs sei es, die Länder der ehemaligen Sowjetunion unter seinen Machteinfluss zu bekommen. Und damit werde dann nicht Schluss sein. „Putin kommt so weit, wie wir ihn kommen lassen“, macht der Referent deutlich.


Von Marschall beobachtet in Deutschland, „dass wir uns die Welt so machen wollen, wie wir sie gern hätten. Es gehe aber darum, sie so zu nehmen, wie sie ist. Und darauf zu reagieren – ohne viel Zeit zu verlieren. Denn: Putin und auch der amerikanische Präsident Trump halten sich nicht mehr an die bisherigen Regeln der europäischen Friedensordnung der vergangenen Jahrzehnte. „Da hilft kein Nörgeln und Schönreden“, fügt der Referent hinzu.


Die Rolle Deutschlands und Europas in der Welt sieht von Marschall nüchtern. „Wir werden momentan in der Welt nicht ernst genommen. Und das, obwohl die Bevölkerungszahl und vor allem die Wirtschaftskraft der Europäischen Union um ein Vielfaches die von Russland übertrifft“, betont der Referent. Deutschland allein liege als drittgrößte Wirtschaftsmacht vor Russland.


Für von Marschall ist China der große Nutznießer des Ukraine-Kriegs. Es bezieht billig Öl und Gas aus Russland und hat Putin in der Hand. Zudem hat China – wie Russland – mit Taiwan ebenfalls Expansionsgelüste. Und dies könnte bei einem militärischen Konflikt wiederum die USA im Pazifik binden. Als Folge wäre Europa im Fall eines Angriffs von Osten auf sich allein gestellt.


Grundlage des Szenarios von Marschalls ist der Tag der nächsten Präsidentschaftswahl im Jahr 2028. Denn diese Wahl findet immer am ersten Dienstag des Monats November statt. Das heißt: In dieser Zeit tritt das Geschehen jenseits des Atlantiks in den Hintergrund. Für Putin also ein guter Zeitpunkt, das Baltikum anzugreifen. Da Deutschland bis dahin etwa 5.000 Soldaten dort stationiert haben soll, würde es bei einem militärischen Konflikt mit hineingezogen.


Voraussetzung eines solchen Szenarios wäre aber, dass der Ukraine-Krieg beendet ist. Das bedeutet für von Marschall: Der Ukraine die nötigen Waffen zu liefern, auch solche wie der aus Deutschland stammende „Taurus“. Je länger die Ukraine gegen die russischen Angreifer besteht, haben die Europäer Zeit, sich gegen einen Angriff von Osten zu rüsten. Denn genau dies tut Putin im Moment: Er rüstet massiv auf und erhöht die Zahl der Soldaten von derzeit einer Million auf 1,5 Millionen. Demgegenüber stünden in Litauen lediglich 18.000 litauische und 5.000 deutsche Soldaten.


Christoph von Marschall hofft zwar, dass das von ihm beschriebene Szenario eines russischen Angriffs auf Litauen niemals eintritt, doch warnt er eindrücklich, dass es dafür wichtig ist, jetzt aktiv zu werden. Es gehe darum, nicht nur auf künftige Bedrohungen vorbereitet zu sein, sondern auch vorausschauend zu handeln. Denn die geopolitische Lage ist heute deutlich unsicherer als noch vor Jahren.


Deutschland dürfe sich nicht darauf verlassen, dass alles „von selbst“ geregelt wird. Um den Herausforderungen, die uns aus dem Osten drohen könnten, zu begegnen, sei eine klare und entschlossene Politik erforderlich. Dies bedeutet nicht nur eine Verstärkung der Bundeswehr und die Ausrüstung der Streitkräfte, sondern auch eine umfassende Stärkung der Infrastruktur und der Wirtschaft, die für die langfristige Sicherheit und Widerstandsfähigkeit des Landes notwendig sind. Deutschland müsse lernen, mit Krisen besser umzugehen, sich anzupassen und in einer dynamischen Weltordnung seine Rolle selbstbewusst einzunehmen.


Die Zukunft hänge davon ab, wie schnell Deutschland und Europa jetzt handeln. „Putin kommt so weit, wie wir ihn kommen lassen“ – dieser Satz sei nicht nur eine Warnung, sondern auch ein Aufruf zur Selbstverantwortung. Die Zeit des Zögerns sei vorbei.

Referent und Veranstalter: (von links) Jana Nathalie Burg, Christoph von Marschall und Gunter Geiger
Referent und Veranstalter: (von links) Jana Nathalie Burg, Christoph von Marschall und Gunter Geiger
Dr. Christoph v. Marschall  während seines Vortrags
Dr. Christoph v. Marschall während seines Vortrags
 

Katholische Akademie des Bistums Fulda

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